Am 7. Oktober 2022 hat der Bundesrat dem Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz zugestimmt. Damit steht nun fest, worauf viele Beschäftigte gehofft haben: Unternehmen können auf freiwilliger Basis unter bestimmten Voraussetzungen steuer- und sozialabgabefreie Leistungen in Höhe von jeweils bis zu 3.000 Euro an ihre Beschäftigten erbringen (sog. Inflationsausgleichsprämie). Sinn und Zweck der Prämie ist es, die Belastungen der Beschäftigten insbesondere durch die gestiegenen Gaspreise abzufedern.
1. DAS WICHTIGSTE AUF EINEN BLICK
- Die Prämie darf insgesamt maximal 3000 Euro betragen.
- Eine Aufteilung in mehrere Einzelbeträge ist möglich.
- Die Leistung ist steuer- und sozialversicherungsfrei.
- Der Begünstigungszeitraum ist zeitlich befristet bis zum 31. Dezember 2024.
- Die Prämie kann in Form von Zuschüssen oder Sachbezügen erfolgen.
- Die Zahlung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erfolgen.
2. ZUR PRAKTISCHEN UMSETZUNG
Die Umsetzung ist im Grundsatz erst einmal einfach. Sofern sich der Arbeitgeber zur Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie entschieden hat, kann er diese nach Klärung der Modalitäten grundsätzlich einfach an die Beschäftigten auszahlen. Die Leistungen sind im Lohnkonto aufzuzeichnen. Auf der Lohnabrechnung genügt ein kurzer Hinweis zur Erklärung der zusätzlichen Leistung.
Daneben sind folgende Details zu beachten.
Zusätzliche Leistung
Wichtig ist, dass die Zahlung nur dann steuer- und sozialabgabenfrei ist, wenn sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird. Es darf also keine Umwidmung (z.B. Zahlung eines ohnehin geschuldeten Bonus deklariert als Inflationsausgleichsprämie) oder Anrechnung des Betrages erfolgen. Ebenso wenig darf eine bereits geschuldete Leistung in eine Inflationsausgleichszahlung umgeändert werden.
Mitbestimmung des Betriebsrates
Zu beachten ist weiter, dass auch freiwillige Leistungen wie die Inflationsausgleichsprämie der betrieblichen Mitbestimmung unterliegen können. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei „Fragen der betrieblichen Lohngestaltung“. Der Begriff des Lohns wird dabei weit verstanden und bezieht sich auf jede Leistung, die der Arbeitgeber aus Anlass des Arbeitsverhältnisses erbringt. Die Inflationsausgleichsprämie fällt unter diesen Begriff, obwohl es sich gerade nicht um eine Lohnzahlung im eigentlichen Sinne handelt. Das Mitbestimmungsrecht wird insbesondere relevant, wenn die Prämie nicht allen Mitarbeitenden (in gleicher Höhe) ausgezahlt werden soll.
Auswahl der berechtigten Arbeitnehmenden
Es ist grundsätzlich möglich, die
Inflationsausgleichsprämie nicht allen Arbeitnehmenden eines
Betriebes gleichermaßen zufließen zu lassen. Dabei ist
aber dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz besondere
Bedeutung beizumessen. Beschäftigte in vergleichbaren
Positionen dürfen nicht willkürlich ungleich behandelt
werden. Zwar ist eine Auswahl der profitierenden Arbeitnehmenden
nach sozialen Kriterien oder der Einkommenssituation
grundsätzlich möglich, eine differenzierende
Auszahlungspraxis darf aber keinesfalls willkürlich
sein.
Insofern gilt es zu beachten, dass ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz zu einer „Anpassung nach
oben“ führt. Für den Fall der Feststellung eines
Verstoßes, kann demnach die zu Unrecht von der Zahlung
ausgenommene Gruppe ebenfalls die Inflationsausgleichsprämie
begehren.
Vermeidung einer betrieblichen Übung
Zudem sollten Arbeitgeber vermeiden, sich langfristig zu verpflichten. Damit insbesondere mehrere Teilzahlungen nicht zum Entstehen einer betrieblichen Übung führen, empfiehlt es sich, eine schriftliche Vereinbarung zu schließen. Dies kann sowohl einzelvertraglich als auch kollektivrechtlich in Form einer Betriebsvereinbarung erfolgen. Solche Vereinbarungen sollten den Hintergrund und die Einmaligkeit der Leistung erwähnen und insbesondere den freiwilligen Charakter der Zahlung festschreiben.
3. HINTERGRUND UND AUSBLICK
Die Inflationsausgleichsprämie ist Teil des dritten
Entlastungspakets vom 3. September 2022. Die Steuermindereinnahmen
quantifiziert das Bundesfinanzministerium mit rund 1,2 Milliarden
Euro. Die Steuerausfälle betreffen allein die
Unternehmenssteuern infolge der Gewinnminderung durch Abzug der
Zahlungen als Betriebsausgaben.
Während Beschäftigte in tarifungebundenen Unternehmen auf
das Wohlwollen ihrer Arbeitgeber hoffen müssen, ist damit zu
rechnen, dass sich die Gewerkschaften in kommenden
Tarifverhandlungen die Inflationsprämie zum
Verhandlungsgegenstand machen werden.
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