In der Frühjahrsession 2016 wurde das revidierte Heilmittelgesetz von beiden Räten nach einer Einigungskonferenz angenommen. Besonders umstritten waren die Bestimmungen über das Verbot nicht gebührender Vorteile, die Annahme und Verwendung gewährter Rabatte sowie die gesetzliche Regelung von Minimalerfordernissen von ärztlichen Verschreibungen. Nun werden die notwendigen Ausführungsbestimmungen erarbeitet, über welche die Vernehmlassung im Frühjahr 2017 eröffnet werden soll. Der Zeitpunkt des Inkraft-tretens für Gesetz und Verordnungen wird nach der Vernehmlassung bestimmt.

Überblick

Am 7. November 2012 hatte der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Heilmittelgesetzes (HMG) an das Parlament überwiesen. Während die Kernelemente des Entwurfs des Bundesrates von den Räten übernommen wurden, blieben einige Punkte bis zuletzt umstritten. Insbesondere an der Problematik der Rabatte auf Arzneimitteln ist die Revision beinahe gescheitert. In der Frühjahrssession 2016 wurde der Schlussentwurf des Heilmittelgesetzes schliesslich von National- und Ständerat nach einer Einigungskonferenz angenommen.

Die Revision dient der Verbesserung des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier im Heilmittelbereich. Der Heilmittelmarkt soll zu diesem Zweck wirksamer überwacht und transparenter werden. Die Revision ist überdies Teil des Masterplans des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie.

Die wichtigsten Änderungen in Kürze

Verbot nicht gebührender Vorteile

Der bestehende Art. 33 HMG über das Versprechen und Annehmen geldwerter Vorteile wird aufgehoben und durch die Art. 55 ff. HMG ersetzt. Danach bezieht sich das Vorteilsverbot künftig nur noch auf verschreibungspflichtige Arzneimittel, der Bundesrat kann die Anwendbarkeit aber auf weitere Heilmittelkategorien ausweiten.

Ausserdem wurde der Ausnahmenkatalog überarbeitet: Neben Vorteilen von bescheidenem Wert stellen demnach neu Unterstützungsbeiträge für Forschung, Weiter- und Fortbildung, Abgeltungen für gleichwertige Gegenleistungen sowie beim Heilmitteleinkauf gewährte Preisrabatte oder Rückvergütungen, die keinen Einfluss auf die Wahl der Behandlung haben, keine ungebührenden Vorteile dar. Im Rahmen der Einigungskonferenz wurde das bislang gesetzlich vorgeschriebene Preisauswirkungsgebot von Rabatten (Art. 33 Abs. 3 Bst. b HMG) aufgehoben.

Die im Krankenversicherungsgesetz (KVG) statuierte Weitergabepflicht von Rabatten wird dahingehend geändert, dass Versicherer und Leistungserbringer künftig vereinbaren können, Rabatte nicht mehr vollumfänglich weiterzugeben. Die gewährten Rabatte müssen jedoch mehrheitlich, d.h. gemäss der parlamentarischen Debatte zu mindestens 51%, weitergegeben werden. Nicht weitergegebene Rabatte müssen nachweislich zur Verbesserung der Qualität der Behandlung verwendet werden. Durch die neu geschaffene Transparenzpflicht sind sämtliche beim Heilmitteleinkauf (d.h. für sämtliche Arzneimittel und Medizinprodukte) gewährten Preisrabatte und Rückvergütungen in den Belegen und Rechnungen sowie in den Geschäftsbüchern der verkaufenden und einkaufenden Personen und Organisationen auszuweisen und auf Verlangen den zuständigen Behörden offenzulegen. Die Vereinbarung über die Weitergabe der Rabatte gemäss KVG muss ebenfalls auf Verlangen den zuständigen Behörden offengelegt werden.

Stärkung der Forschungsanreize

Die Unterlagen über neue Indikationen bekannter Wirkstoffe sind künftig für 10 Jahren geschützt, wenn ein bedeutender klinischer Nutzen gegenüber bestehenden Therapien erwartet werden kann und die Indikation durch umfangreiche klinische Prüfungen gestützt wird.

Für Arzneimittel für die Behandlung seltener Krankheiten (Orphan Drugs) wird neu auf Antrag ein Unterlagenschutz von 15 Jahren gewährt. Die im Recht der EU gewährte Marktexklusivität wurde hingegen nicht übernommen.

Neu wird im Patentgesetz die Möglichkeit vorgesehen, für pädiatrische Arzneimittel entweder ein bestehendes Schutzzertifikat zu verlängern oder ein eigenständiges sechsmonatiges Schutzzertifikat zu erteilen.

Verschreibung und Abgabe von Arzneimitteln

Apothekerinnen und Apotheker dürfen künftig bestimmte verschreibungspflichtige Arzneimittel auch ohne ärztliche Verschreibung abgeben. Die betreffenden Arzneimittel und Indikationen sowie der Umfang der Dokumentationspflicht werden vom Bundesrat auf Verordnungsstufe festgelegt.

In der Einigungskonferenz wurde darauf verzichtet, Minimalanforderungen für ärztliche Rezepte gesetzlich festzuschreiben. Stattdessen wird der Bundesrat diese auf Verordnungsstufe nach Anhörung der betroffenen Berufsvertreter festlegen.

Mit Aufnahme eines neuen Bst. g in Art. 9 Abs. 1 des Patentgesetzes werden Handlungen im Rahmen einer medizinischen Tätigkeit, die sich auf eine einzelne Person bezieht und Arzneimittel betrifft, von den Wirkungen des Patents ausgenommen. Damit wird sichergestellt, dass Ärzte oder Apotheker die ihnen zur Behandlung geeignet erscheinenden Medikamente verschreiben bzw. abgeben können, ohne dabei Gefahr zu laufen, eine Patentverletzung zu begehen. Relevant ist die Bestimmung insbesondere in Fällen, in denen ein Generikum zur Behandlung einer noch patentgeschützten Indikation verschrieben oder abgegeben wird.

Verschärfung der Strafbestimmungen

Im Rahmen der Revision wurden die Strafbestimmungen im Bereich der Arzneimittelkriminalität verschärft. Zunächst wurde der Tatbestand von Art. 86 HMG als abstraktes Gefährdungsdelikt formuliert und ein Verstoss gegen das Vorteilsverbot in den Deliktskatalog aufgenommen. Eine Verletzung des Vorteilsverbots, die nach geltendem Recht lediglich eine Übertretung darstellt, wird somit künftig als Vergehen geahndet.

Ebenfalls in den Deliktskatalog des Art. 86 HMG aufgenommen wurden das Nachmachen, Verfälschen oder falsche Bezeichnen von Heilmitteln sowie das Inverkehrbringen solcher Heilmittel.

Die Verletzung der Transparenzpflicht betreffend gewährter Rabatte wird künftig als Übertretung bestraft.

Fazit und Ausblick

Zum Teil ist die schliesslich verabschiedete Fassung des revidierten Heilmittelgesetzes ein Kompromiss, bei welchem die Lösung der besonders heiklen Fragen auf Verordnungsstufe verschoben wurde. Ob sich etwa betreffend des Vorteilsverbotes die ursprünglich gesteckten Ziele verwirklichen lassen, wird sich erst im Lichte des noch zu erarbeitenden Verordnungsrechts zeigen.

Die notwendigen Ausführungsbestimmungen sollen nun (unter Vorbehalt des unbenutzten Verstreichens der Referendumsfrist) als sog. Heilmittelverordnungspaket IV erarbeitet werden. Die Vernehmlassung dazu ist für das Frühjahr 2017 geplant. Erst nach der Vernehmlassung wird bestimmt, wann das revidierte Heilmittelgesetz und die dazu gehörenden Verordnungen in Kraft treten sollen.

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