Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) veröffentlichte am 6. und 7. Februar 2023 die beiden für das Steuerjahr 2023 gültigen Rundschreiben zu den steuerlich anerkannten Zinssätzen für Vorschüsse und Darlehen in Schweizer Franken und in Fremdwährungen (sog. Safe Haven-Zinssätze). Die Zinssätze wurden für Darlehen in Schweizer Franken zwischen nahestehenden Personen seit 2015 erstmalig und substanziell erhöht.

Bei den Zinssätzen handelt es sich um Safe Haven-Regeln, das heisst bei deren Anwendung nimmt die ESTV die Drittvergleichskonformität der Zinsen an. Höhere bzw. tiefere Zinssätze durch Nachweis der Drittvergleichskonformität bleiben vorbehalten.

DARLEHEN IN SCHWEIZER FRANKEN VON SCHWEIZER GESELLSCHAFTEN (AKTIVDARLEHEN)

Für Darlehen in Schweizer Franken, welche eine Schweizer Gesellschaft ihren Aktionären oder nahestehenden Personen gewährt und welche aus Eigenkapital finanziert werden, wird im 2023 neu ein Mindestzinssatz von 1.5% vorgegeben (2022: 0.25%). Für sämtliche Aktivdarlehen ist somit der Mindestzinssatz in 2023 gegenüber dem Vorjahr um 1.25% gestiegen.

Werden solche Aktivdarlehen aus Fremdkapital refinanziert, gilt ein Mindestzinssatz bestehend aus den Selbstkosten (Fremdfinanzierungskosten) zuzüglich eines Zuschlages von 0.5% für Darlehen bis CHF 10 Mio. bzw. eines Zuschlages von 0.25% für den CHF 10 Mio. übersteigenden Betrag. In jedem Fall gilt ein Mindestzinssatz von 1.5% (2022: 0.25%).

Sollte eine Schweizer Gesellschaft ein solches Aktivdarlehen ungenügend verzinsen, liegt im Umfang der zu tiefen Verzinsung eine der Verrechnungssteuer unterliegende geldwerte Leistung vor, welche auch für Gewinnsteuerzwecke als Gewinnvorwegnahme aufgerechnet wird.

DARLEHEN IN SCHWEIZER FRANKEN AN SCHWEIZER GESELLSCHAFTEN (PASSIVDARLEHEN)

Für Darlehen in Schweizer Franken von Beteiligten oder nahestehenden Personen an Schweizer Gesellschaften (Passivdarlehen) gilt gemäss ESTV folgender Maximalzinssatz:

  • Betriebskredite bis CHF 1 Mio. an ein Handels- und Fabrikationsunternehmen maximal 3.75% bzw. ab CHF 1 Mio. maximal 2.25% (2022: 3% bzw. 1%).
  • Kredite an Holding- und Vermögensverwaltungs-gesellschaften bis CHF 1 Mio. maximal 3.25% bzw. ab CHF 1 Mio. maximal 2% (2022: 2.25% bzw. 0.75%).

Für Liegenschaftskredite gelten besondere Vorgaben.

Werden Passivdarlehen zu hoch verzinst, liegt im Umfang der zu hohen Verzinsung für die Verrechnungssteuer eine geldwerte Leistung vor, welche auch für Gewinnsteuerzwecke als verdeckte Gewinnausschüttung aufgerechnet wird.

DARLEHEN IN FREMDWÄHRUNGEN VON SCHWEIZER GESELLSCHAFTEN (AKTIVDARLEHEN)

Für die gängigsten Fremdwährungen publiziert die ESTV die massgeblichen Zinssätze in einem separaten Rundschreiben für Fremdwährungen. Die Mehrheit der im Rundschreiben aufgelisteten Fremdwährungszinssätze wurden substanziell erhöht: Für Darlehen in EUR gilt in 2023 ein Mindestzins von 3% (2022: 0.5%). Darlehen in USD müssen mit mindestens 3.75% (2022: 2%) verzinst werden.

DARLEHEN IN FREMDWÄHRUNGEN AN SCHWEIZER GESELLSCHAFTEN (PASSIVDARLEHEN)

Die von der ESTV publizierten Zinssätze für Darlehen in Fremdwährungen sind auch für Passivdarlehen von Schweizer Gesellschaften anwendbar. Neben dem Fremdwährungszinssatz (z.B. für EUR in 2023: 3%) ist für die Festlegung der Maximalverzinsung der Aufschlag analog dem Rundschreiben der ESTV für Vorschüsse oder Darlehen in Schweizer Franken zu berücksichtigen. Unter dem Aufschlag (sog. Spread) wird dabei die Differenz zwischen dem Maximalzinssatz (Passivdarlehen) und dem Mindestzinssatz (Aktivdarlehen) verstanden. Beispiel: Für Betriebskredite bis zu CHF 1 Mio. ergibt die Differenz von Maximalzinssatz (3.75%) und Minimalzinssatz (1.5%) einen Aufschlag von 2.25%. Ein Passivdarlehen von EUR 1 Mio. darf somit höchstens zu 5.25% verzinst werden (Fremdwährungszinssatz EUR von 3% zzgl. Aufschlag von 2.25%).

Bei Passivdarlehen in Fremdwährungen ist in jedem Fall auch der geschäftsmässig begründete Nachweis zu erbringen, weshalb keine Verpflichtung in tiefer verzinslichen Schweizer Franken eingegangen wurde. Die Darlegung höherer Zinsen infolge des Drittvergleichs bleibt vorbehalten.

KAPITALISIERUNGSZINSSÄTZE

Die beiden Rundschreiben enthalten erstmalig einen Hinweis auf die Kapitalisierungszinssätze für die Bewertung von Unternehmen und verweisen hierfür auf das Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz SSK Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer" sowie den aktuellen Kommentar. Der Kapitalisierungszinssatz für Bewertungen in Schweizer Franken sinkt von 9.5% (Bewertungsjahr 2021) auf 8.5% (Bewertungsjahr 2022).

PRAXISRELEVANZ

  • Darlehensverträge zwischen Gesellschaften und ihren Aktionären oder anderen nahestehenden Personen enthalten oftmals dynamische Zinsklauseln, d.h. Zinsklauseln mit Verweis auf die relevanten Rundschreiben der ESTV. Da die Safe Haven-Zinssätze für das Jahr 2023 seitens der ESTV substanziell erhöht wurden, empfehlen wir die konzerninternen Darlehensbeziehungen regelmässig auf ihre Konformität mit den steuerlichen Anforderungen hin zu überprüfen.
  • Der reduzierte Kapitalisierungszinssatz führt bei Anwendung der sog. Praktikermethode zur Bewertung von Unternehmen zu einem höheren Unternehmenswert und somit zu höheren Vermögenssteuern.

Die angepassten Rahmenbedingungen können in Einzelfällen Chancen im Hinblick auf die Steuerplanung bieten. Unser Steuerteam von Bär & Karrer AG unterstützt Sie gerne bei Fragen und steht Ihnen zur Besprechung Ihres Einzelfalls zur Verfügung.

The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.