Der Ministerrat hat sich zu einer Regierungsvorlage zum EGG durchgerungen. Dadurch rückt die Phase eines Investitionsbooms für Biomethananlagen in Österreich ein Stück näher. Österreich muss den Anteil erneuerbarer Gase bis 2030 schrittweise um den Faktor 50(!) erhöhen! Eine Herkulesaufgabe. Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gibt es weitgehende Änderungen (ua einen neuen Fördermechanismus für Gasversorger).

Am 15.02.2023 wurde der Begutachtungsentwurf zum Bundesgesetz über die Einführung einer Versorgerverpflichtung für Gas aus erneuerbaren Quellen veröffentlicht ("Erneuerbares-Gas-Gesetz-Entwurf" – "EGG-Entwurf"; siehe  Legal Insight vom 17.2.2023). Siehe dazu uns Legal Insight – Link. Der EGG-Entwurf befand sich seither in politischer Abstimmung. Am 21.02.2024 konnte nun eine Einigung im Ministerrat erzielt werden. Die heute veröffentlichte Regierungsvorlage (RV) sieht im Vergleich zum Begutachtungsentwurf wesentliche Änderungen vor:

  • Versorger müssen ab 2024 einen Anteil der von ihnen im Vorjahr an Endverbraucher in Österreich verkauften Gasmengen durch erneuerbare Gase ersetzen ("Grün-Gas-Quote"). Der Substitutionsanteil für 2024 beträgt 0,35% und steigt in den Folgejahren erheblich an (2025: 0,95%, 2026: 1,70%, 2027: 3,05%, 2028: 4,84%, 2029: 7.10% und 2030: 9,75%, jedoch insgesamt mindestens 7,5 TWh).
  • Rezyklierte Gase können im Ausmaß von 5% der jährlichen Substitutionsverpflichtung angerechnet werden. In Abhängigkeit von den Evaluierungsergebnissen 2026 kann das zulässige Ausmaß an rezyklierten Gasen erhöht werden.
  • Die RV setzt den Ausgleichsbetrag für Fehlmengen mit 15 Cent/kWh Der EGG-Entwurf sah noch höhere Ausgleichsbeiträge vor. Die Toleranzschwelle für Fehlmengen wurde von 20% auf 30% erhöht.
  • Die mit der Erfüllung der Grün-Gas-Quote verbundene Erhöhung der Erzeugungs- oder Beschaffungskosten kann durch einen neuen Fördermechanismus abgefedert werden. Förderberechtigt sind grundsätzlich alle Versorger mit erhöhten Erzeugungs- oder Beschaffungskosten. Die allgemeinen Fördervoraussetzungen sollen aber noch durch eine gesonderte Verordnung festgelegt werden.
  • Die Weiterverrechnung erhöhter Erzeugungs- und Beschaffungskosten an Verbraucher iSd KSchG wird gesetzlich geregelt. Dabei orientiert sich die RV an den Verbraucherschutzbestimmungen des ElWOG 2010 bzw des ElWG-Entwurfs. Zum einen müssen die weiterverrechneten Kosten in einem sachlich gerechtfertigten Ausmaß der aufgrund der Substitutionsverpflichtung geänderten Erzeugungs- oder Beschaffungskosten für erneuerbare Gase stehen. Zum anderen gelten strenge Transparenzregeln für infolge der Kostenverrechnung geänderte Gasbezugspreise.
  • Bis zum Jahr 2030 reduziert sich die jährliche Substitutionsverpflichtung für Versorger um jenen Anteil, welcher der jährlichen Abnahmemenge entspricht, über die er mit einem Biogasanlagenbetreiber einen Energieliefervertrag abgeschlossen hat, sofern (i) für den Anschluss der Biogasanlage an das öffentliche Gasnetz bereits ein Netzzugangsvertrag abgeschlossen wurde und alle für die Einspeisung von Gas in das öffentliche Gasnetz erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen der jeweils zuständigen Behörde erteilt wurden oder als erteilt gelten, (ii) die Biogasanlage aus technischen Gründen, die nicht im Einflussbereich des Anlagenbetreibers liegen, nicht in Betrieb genommen oder nicht ans Gasnetz angeschlossen werden konnte und (iii) die Biogasanlage bis zum Ablauf des Jahres 2030 in Betrieb genommen und an das öffentliche Gasnetz angeschlossen wurde.
  • Herkunftsnachweise soll es auch für rezyklierte Gase geben. Außerdem können für die Erfüllung der Grün-Gas-Quote auch Herkunftsnachweise verwendet werden, die infolge der Umwandlung von Gas in Strom oder Wärme ihre Gültigkeit verloren haben.
  • Es kommt zu einer gesetzlichen Abnahmeverpflichtung für erneuerbare Gase. Die Abnahmeverpflichtung wird von einer eigens eingerichteten EGG-Abwicklungsstelle übernommen und wird für jeweils ein Jahr garantiert. Die Abnahmeverpflichtung gilt aber nur dann, wenn bei erstmaliger Inanspruchnahme der garantierten Abnahme ein Abnahmevertrag mit einer Laufzeit von zumindest fünf Jahren und einem Vertragsbeginn vor dem 31.12.2028 besteht und der Betreiber der Gaserzeugungsanlage nachweisen kann, dass zumindest drei Versorger den Abschluss eines Abnahmevertrags zu den Bedingungen des garantierten Abnahmevertrags abgelehnt haben. Dadurch soll die notwendige Sicherheit für Investitionen geschaffen werden, die zu einer Streckung der Abschreibungsdauer für Investitionen auf eine Dauer von 20 Jahren führt. Außerdem soll durch die längerfristige Absicherung sichergestellt werden, dass es zu keinem Risikoaufschlag bei der Finanzierung kommt.
  • Versorgern und Anlagenbetreibern drohen Verwaltungsstrafen bei Nichteinhaltung bestimmter Verpflichtungen. Verhängte Geldstrafen können bis zu 50.000 Euro betragen. Sie sollen für Investitionszuschüsse, für die Umrüstung bestehender Biogasanlagen und die Neuerrichtung von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbarem Gas verwendet werden.

Die RV zum EGG enthält somit weitgehende Neuerungen gegenüber dem EGG-Entwurf. Ob das EGG in dieser Form beschlossen wird, ist aber unsicher, zumal es einer 2/3-Mehrheit im Parlament bedarf. Für den Fall einer erfolgreichen Beschlussfassung ist zu erwarten, dass erneuerbare Gasprojekte weiter an Fahrt aufnehmen werden, nicht zuletzt aufgrund der verpflichtenden Grün-Gas-Quote, drohenden Ausgleichszahlungen für Versorger und gesetzlichen Abnahmeverpflichtungen. Energierechtliche Netzanschluss- und Netzzugangsfragen werden ebenso an Bedeutung gewinnen. Spannend ist auch der angedachte Fördermechanismus für Versorger, dessen konkreten Ausgestaltung noch abgewartet werden muss.

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