Der österreichische Nationalrat hat am Dienstag, den 7. Juli 2020, eine Novelle zum Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) verabschiedet. Diese sieht u.a. die Einrichtung einer sogenannten "Regulatory Sandbox" bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) vor.1
Hintergrund
Regulatory Sandboxesermöglichen Unternehmen, in Entwicklung befindliche, innovative Geschäftsmodelle unter Aufsicht des Regulators zu erproben. Sie dienen der Abklärung, wie Geschäftsmodelle unter Einhaltung der einschlägigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben realisiert werden können. Die Erprobung des Geschäftsmodells wird dabei anhand (vorab) bestimmter Parameter durchgeführt, welche vom Regulator unter Mitwirkung des Unternehmens festgelegt werden.
Aufnahme in die Regulatory Sandbox
Eine Aufnahme in die Regulatory Sandbox der FMA ist ab 1. September 2020 möglich.
Die Sandbox steht nur Unternehmen offen, die (Finanz-)Dienstleistungen in Bereichen erbringen wollen, die einer Beaufsichtigung durch die FMA unterliegen. Es muss sich also um Geschäftsmodelle handeln, die mit sehr großer Wahrscheinlichkeit einer Berechtigung durch die FMA (Konzession, Genehmigung, Zulassung oder Registrierung) bedürfen. Bereits konzessionierte Unternehmen können in die Sandbox aufgenommen werden, wenn sie ein neues, in Entwicklung befindliches Geschäftsmodell testen wollen. Diese Unternehmen können ihren Antrag auch gemeinsam mit Unternehmen stellen, deren Geschäftsmodelle keiner Berechtigung der FMA bedürfen ("FinTech Partnerships"). Dafür ist ein rechtsverbindlicher Vertrag zwischen den beiden Unternehmen vorzulegen, der gewährleistet, dass es in der Sandbox-Phase zu keiner einseitigen Kündigung kommt.
Die Aufnahme in die Sandbox ist bei der FMA zu beantragen. Für die Zeit der Teilnahme trifft den Teilnehmer eine aktive Mitwirkungspflicht am Verfahren. Die Teilnahme ist auf höchstens zwei Jahre befristet und es darf zu keiner Herabsetzung regulatorischer bzw. aufsichtsrechtlicher Anforderungen kommen.
Bei der Entscheidung zur Aufnahme in die Sandbox wird die FMA durch einen beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten ehrenamtlichen Beirat unterstützt.
Voraussetzungen
Für die Aufnahme in die Regulatory Sandbox der FMA bestehen zahlreiche Voraussetzungen:
- Neues, innovatives
Geschäftsmodell: Bei dem zu erprobenden
Geschäftsmodell muss es sich um ein auf Informations- und
Kommunikationstechnologie basierendes Geschäftsmodell handeln,
das vor Aufnahme in die Regulatory Sandbox noch nicht betrieben
wurde. Der Begriff "Informations- und
Kommunikationstechnologie" ist technologieneutral und weit zu
verstehen – dieser kann auch künstliche Intelligenz
(inkl. machine learning) und Distributed Ledger Technologien
(Blockchain) erfassen.
- Öffentliches
Interesse: Das zu erprobende Geschäftsmodell muss im
volkswirtschaftlichen Interesse an einem innovativen Finanzplatz
gelegen sein. Zudem darf das betreffende Geschäftsmodell keine
Gefährdung der Finanzmarktstabilität oder des
Verbraucherschutzes erwarten lassen.
- Testreife: Mit
Ausnahme der im Rahmen der Regulatory Sandbox abzuklärenden
rechtlichen Fragen dürfen der Umsetzung des
Geschäftsmodells keine sonstigen (grundlegenden) technischen
oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.
- Beschleunigung der
Marktreife: Der potentielle Sandbox-Teilnehmer hat
schlüssig darzulegen, dass die Aufnahme in die Regulatory
Sandbox die Marktreife seines Geschäftsmodells beschleunigen
wird.
- Abklärung offener
Rechtsfragen/Konzessionierung: Es ist darzulegen, dass im
Rahmen der Teilnahme an der Regulatory Sandbox die Abklärung
offener aufsichtsrechtlicher Fragen erwartet werden kann. Damit
sind Geschäftsmodelle ausgeschlossen, welche die FMA bereits
gestattet oder beauskunftet hat oder die keine aufsichtsrechtlichen
Sachverhalte erfüllen, etwa weil dafür eine
Gewerbeberechtigung ausreicht.
Ausblick
Die lange angekündigte und im Regierungsprogramm vorgesehene Einrichtung einer Regulatory Sandbox bei der FMA ist zu begrüßen. Österreich schließt damit an andere europäische Staaten wie etwa Großbritannien, die Niederlanden oder Polen an, die bereits erfolgreich Regulatory Sandboxes eingerichtet haben. In Entsprechung des FinTech Aktionsplans der Europäischen Kommission (COM/2018/0109 final) positioniert sich Österreich damit weiter als attraktiver Standort für FinTechs.
Für Fragen zur Aufnahme in die Regulatory Sandbox der FMA stehen wir gerne zur Verfügung.
Footnotes
Originally published 08 July, 2020
The content of this article is intended to provide a general guide to the subject matter. Specialist advice should be sought about your specific circumstances.