Die Vergabekammer Südbayern hat dem EuGH aufgrund eines Beschlusses vom 7.3.2017 Fragen zu den Anforderungen an die vergaberechtliche Selbstreinigung vorgelegt, die auch Auswirkungen auf die Verhandlungsposition betroffener öffentlicher Auftraggeber im Rahmen des LKW-Kartells haben könnten.

Inhalt der Vorlage

Hintergrund ist der Ausschluss des Weichenherstellers Vossloh Laeis GmbH von einem Vergabeverfahren der Stadtwerke München. Die Vossloh Laeis GmbH war Teil des sog. Schienenkartells, gegen das das Bundeskartellamt im Jahr 2013 Geldbußen in Millionenhöhe verhängte. Die Stadtwerke München begründen den Ausschluss des Unternehmens von der Ausschreibung damit, dass Vossloh ihnen gegenüber im Rahmen der vergaberechtlichen Selbstreinigung zur Offenlegung sämtlicher Details zur Beteiligung am Schienenkartell, insbesondere zur Aufdeckung sämtlicher Kartellschäden, verpflichtet sei.

Die Stadtwerke München stützen sich hierbei auf die Regelung des § 125 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GWB, die einen Kartellanten im Rahmen der Selbstreinigung zur umfassenden Klärung der Tatsachen und Umstände, die mit der Straftat oder dem Fehlverhalten und dem dadurch verursachten Schaden in Zusammenhang stehen, durch aktive Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden und dem öffentlichen Auftraggeber verpflichtet. Die deutsche Umsetzung geht insofern über den Wortlaut der EU-Vergaberichtlinie von 2014 heraus, die lediglich die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden fordert.

Mögliche Auswirkungen auf das LKW-Kartell

Sollte der EuGH § 125 GWB für europarechtskonform halten, so würde die Vorschrift die Kartellanten im Rahmen der Selbstreinigung insbesondere zur Offenlegung des Umfangs des kartellbedingten Schadens verpflichten. Damit würde die Drohung mit einem Ausschluss von zukünftigen Vergabeverfahren zu einem scharfen Schwert in der Hand öffentlicher Auftraggeber gegenüber den Kartellanten des LKW-Kartells und auch gegenüber Kartellanten anderer Kartelle.

Sollten die Kartellanten sich nämlich in der Folge zur Selbstreinigung entscheiden, so müssten sie den öffentlichen Auftraggebern unter anderem alle Zahlen und Fakten offenlegen, die diese zur Geltendmachung ihrer Kartellschäden in Zivilverfahren benötigen.  Die Drohung mit dem Ausschluss von zukünftigen Vergabeverfahren dürfte daher die Vergleichsbereitschaft der am LKW-Kartell beteiligten Unternehmen deutlich steigern. 

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